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Kontrolle der Migration

Aufgeblättert: »Managing Migration? Eine kritische Geschichte der Internationalen Organisation für Migration« von Fabian Georgi

Von Eleonora Roldán Mendívil

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist nicht so bekannt wie das UN-Flüchtlingshilfswerk. Fabian Georgis Buch beginnt 1951 mit der Entstehung eines provisorischen Komitees zur Regulierung der Migration einer europäischen »Überbevölkerung« und zeigt auf, wie ab den 1950er Jahren eine rassistische Politik der »weißen« Bevölkerung von ehemaligen europäischen Kolonien bzw. Apartheidsregimen zu dessen zentralen Aufgaben gehörte. In den 1970er Jahren diente das Komitee als »Logistikagentur« für humanitäre Notfalleinsätze und transformierte sich über die 1980er Jahre zu einem internationalen migrationspolitischen Akteur. Ab Ende der 1990er Jahre half die seit 1989 in IOM umbenannte Organisation Migrations- und Grenzregime territorial zu externalisieren. Eine neoliberale Finanzierungsweise führte dazu, dass die IOM von den Mitgliedsstaaten outgesourcte Aufgaben übernahm.

Die von der IOM durchgesetzten Migrationskontrollen zielen dabei auf die Möglichkeit stabiler Klassenkompromisse im Westen durch den Ausschluss und die abgestufte Entrechtung von Nicht-Staatsbürger*innen. Der Widerspruch der Organisation besteht darin, viele Menschen unmittelbar humanitär zu versorgen, dies jedoch nach dem geostrategischen Ermessen der größten Geldgeber, der US-Regierung und ihrer Alliierten, zu tun. Ein wichtiges Buch, da sauber materialistisch ökonomische Fragen als Ausgangspunkt herangezogen werden. Von einer Einbettung in leninistische Imperialismustheorien würde es profitieren.

Fabian Georgi: Managing Migration? Eine kritische Geschichte der Internationalen Organisation für Migration. Bertz + Fischer, Berlin 2019. 445 Seiten, 25 EUR.