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|Thema in ak 693: Endet die US-Hegemonie?

Der Zusammen­bruch der US-Hegemonie

Was geschieht, wenn das kapitalistische Weltsystem seine Ordnungsmacht verliert?

Von Minqi Li

Aufstellfigur einer Frau in Cowboy-Outfit auf einem vertrockneten Feld
Auch wenn es manche noch nicht wahrhaben wollen: Der Weg zurück zu alter Größe ist für die USA versperrt. Foto: Kornelia Kugler

Schon vor dem Ausbruch der Covid-Pandemie war offenkundig, dass sich die US-amerikanische Hegemonie im Niedergang befindet. Seitdem hat sich das Tempo des Hegemonieverlusts beschleunigt. Im August 2021 nahmen die Taliban Kabul ein, 20 Jahre US-Intervention in Afghanistan und im Nahen Osten endeten mit einer demütigenden Niederlage. Nur ein halbes Jahr später brach der Krieg zwischen Russland und der Ukraine aus, dessen wirtschaftliche und geopolitische Folgen ganz Europa zu destabilisieren drohen.

Wir beobachten das Versagen der amtierenden Hegemonialmacht bei der Verhinderung eines militärischen Großkonflikts, der von einer anderen Großmacht ausgelöst worden ist. Dies zeigt, dass der Niedergang der US-Hegemonie in seine finale Phase eingetreten ist: die des Zusammenbruchs. In der Vergangenheit hat der Zusammenbruch von Hegemonialmächten zu Großmachtkonflikten, globalen Wirtschaftskrisen, Aufständen und Revolutionen sowie zu Elend und Verwüstung für Hunderte Millionen Menschen geführt. Mit welchen Folgen können wir rechnen, wenn die amerikanische Hegemonie zusammenbricht? Kann das System zu einer Art »Gleichgewicht« zurückkehren oder wird es ebenfalls kollabieren?

Zwischenstaatliche Konkurrenz und Hegemonie

Der Weltsystemtheorie zufolge beruht die kapitalistische Ordnung auf zwischenstaatlicher Konkurrenz. Um jedoch eine übermäßige Konkurrenz der Nationalstaaten zu verhindern, hat es historisch aufeinanderfolgende Hegemonialmächte benötigt, die dem System vorstehen, um dessen gemeinsame Interessen zu verwalten und voranzubringen.

Zu den gemeinsamen Interessen gehören die Aufrechterhaltung des systemweiten »Friedens« (Verhinderung von Großmachtkonflikten), die Sicherstellung globaler makroökonomischer Stabilität und – im Kontext des 21. Jahrhunderts – das Management globaler ökologischer Nachhaltigkeit. Diesen gemeinsamen Interessen kann nicht Rechnung getragen werden, wenn jedem Nationalstaat erlaubt wird, seine jeweiligen »nationalen Interessen« zu verfolgen.

Ein System ohne wirksame Governance-Struktur wäre eines, das nicht in der Lage ist, »Probleme auf Systemebene« durch entsprechende »Lösungen auf Systemebene« zu bewältigen, wie Giovanni Arrighi und Beverly J. Silver in ihrem 1999 veröffentlichten Buch »Chaos and Governance in the Modern World System« festhielten. Ein System, dem es regelmäßig nicht gelingt, Lösungen auf Systemebene zu finden, wird aller Wahrscheinlichkeit nach zerfallen, also aufhören, als kohärentes System zu funktionieren.

Die Niederlage der USA im Nahen Osten verwandelte einen langsamen Niedergang in einen rasanten.

Wie kann der Kapitalismus über eine systemweite Governance-Struktur verfügen, ohne das auf zwischenstaatlicher Konkurrenz beruhende Weltsystem aufzugeben? Historisch ist es dem kapitalistischen Weltsystem gelungen, mit diesem Dilemma umzugehen, indem einer der stärksten Staaten als Hegemonialmacht fungiert hat. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht verfügt eine Hegemonialmacht in den Bereichen Industrie, Handel, Finanzen und Militär über gewaltige Vorteile gegenüber anderen Staaten. Diese ermöglichen es ihr, anderen Großmächten den eigenen Willen aufzuzwingen.

In dem Maße, in dem die der Hegemonialmacht zur Verfügung stehenden industriellen und finanziellen Ressourcen einen relativ großen Anteil an den Gesamtressourcen des Systems ausmachen, kann man erwarten, dass sich die Interessen der Hegemonialmacht weitgehend mit den allgemeinen Interessen des Systems decken. Daher ist die Hegemonialmacht in ihren besten Jahren sowohl stark motiviert als auch mit den erforderlichen Ressourcen ausgestattet, um diese allgemeinen Systeminteressen zu verwalten und zu fördern. Ist eine Hegemonialmacht jedoch im Niedergang begriffen, ist sie dazu immer weniger in der Lage. Zu einem Zusammenbruch kommt es, wenn eine Hegemonialmacht die Kontrolle über den Lauf der Dinge verloren zu haben scheint – und damit auch die Fähigkeit, die allgemeinen Interessen des Systems zu verwalten. Infolgedessen wird das System zum Opfer erratischer Interaktionen spontaner Kräfte.

Es geht bergab

Als die USA als neue Hegemonialmacht aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgingen, führten sie die Umstrukturierung des kapitalistischen Weltsystems an. Diese Umstrukturierung trug in den 1950er und 1960er Jahren zu einem beispiellosen Boom des globalen Kapitalismus bei. In den späten 1960er Jahren sah sich das kapitalistische Weltsystem jedoch mit einer neuen Welle wirtschaftlicher und politischer Instabilität konfrontiert. Die Kombination aus langem Wirtschaftsboom und wohlfahrtsstaatlichen Institutionen ermutigte die westlichen Arbeiter*innenklassen zu militanten Kämpfen. Von Mitte der 1960er bis Anfang der 1980er Jahre litten die USA und andere kapitalistische Kernregionen (Westeuropa und Japan) unter einem anhaltenden Rückgang der Profitrate.

Die Niederlage im Vietnamkrieg zeigte die Grenzen der militärischen Vormacht der USA auf. Revolutionäre Bewegungen drohten sowohl kapitalistische als auch sozialistische Regierungen überall auf der Welt zu destabilisieren. Die Ölschocks von 1973 und 1979 boten den ersten Hinweis darauf, dass die Erschöpfung der Ressourcen und der Umwelt dem künftigen Wirtschaftswachstum Grenzen setzen könnte. Die gesamten 1970er Jahre hindurch kämpfte die Weltwirtschaft mit der »Stagflation«, einer Kombination aus wachsender Erwerbslosigkeit und steigender Inflation, die durch traditionelle keynesianische Politik nicht zu bewältigen war.

Als Reaktion hierauf verlagerten die USA den Schwerpunkt der Kapitalakkumulation von der materiellen auf die finanzielle Expansion. Die US-Notenbank hob die Zinssätze drastisch an, um die steigende Inflation einzudämmen. Dies führte zu tiefen Rezessionen im eigenen Land und zu Schuldenkrisen von Lateinamerika bis Osteuropa. Diese Rezessionen trugen dazu bei, die Verhandlungsmacht der Arbeiter*innenklasse in den kapitalistischen Kernländern zu schwächen. Zugleich bewirkten die vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auferlegten Strukturanpassungen eine Verarmung der Bevölkerungen Lateinamerikas, Osteuropas und Afrikas. Außerdem zwangen sie das Finanzkapital, wieder in die Vereinigten Staaten zu fließen.

Mitte der 1990er Jahre hatten die Profitraten in den Vereinigten Staaten und Westeuropa wieder das Niveau der 1960er Jahre erreicht oder sogar überschritten. Um die Jahrtausendwende entfielen auf die USA etwa zwei Fünftel und auf die USA und ihre Verbündeten zusammen etwa drei Viertel der gesamten Militärausgaben der Welt. Zu dieser Zeit schien die Hegemonie der USA unanfechtbar.

Doch anders als in den frühen Nachkriegsjahren, als die von den USA angeführte Umstrukturierung nicht nur die Interessen des US-Kapitalismus, sondern auch die allgemeinen Interessen des Systems förderte, verschärfte der Übergang von der materiellen zur finanziellen Expansion zwischenstaatliche und soziale Konflikte. Die globale neoliberale Umstrukturierung der 1980er und 1990er Jahre senkte die weltweite effektive Nachfrage und schuf die Voraussetzungen für häufige Finanzkrisen. Infolgedessen mussten die USA die Weltwirtschaft stabilisieren, indem sie als globaler »Kreditnehmer letzter Instanz« fungierten: Sie entwickelten erhebliche Handelsdefizite, und die US-Inlandsnachfrage musste sich auf schuldenfinanzierten Konsum stützen. Als die finanziellen Ungleichgewichte nicht mehr tragbar waren, wurden die USA und die Weltwirtschaft von der »Großen Rezession« von 2008/09 heimgesucht. Der Niedergang der US-Hegemonie beschleunigte sich.

Gemessen am Marktwert des Dollars ist der Anteil der USA an der Weltwirtschaft von 30 Prozent im Jahr 2000 auf 25 Prozent 2020 gesunken. Im selben Zeitraum stieg der Anteil Chinas an der Weltwirtschaft von vier auf 17 Prozent. Es wird erwartet, dass China die USA in den nächsten Jahren als weltweit größte Volkswirtschaft ablösen wird.

Risiko der Ausbreitung von Atomwaffen

Bei früheren Hegemoniewechseln konnte die neue Hegemonialmacht die alte erst nach einem oder zwei großen Kriegen ablösen, an denen alle damaligen Großmächte beteiligt waren. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass wir in den nächsten Jahrzehnten einen »Dritten Weltkrieg« in Form eines totalen Krieges zwischen der untergehenden Hegemonialmacht (den USA) und einem großen Herausforderer (China oder Russland) erleben werden. Die Kosten eines totalen Krieges zwischen Großmächten haben sich im Zeitalter der Atombombe dramatisch erhöht: Ein solcher Krieg würde nicht nur den Tod von Millionen Menschen, sondern höchstwahrscheinlich auch die wechselseitige Vernichtung der Hauptkontrahenten nach sich ziehen.

Doch auch wenn ein Dritter Weltkrieg nicht unmittelbar bevorsteht, wird der Niedergang der Hegemonialmacht schwerwiegende Folgen haben. Seit dem Zerfall der Sowjetunion können die Großmächte nicht mehr sicherstellen, dass nur die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats Zugriff auf Atomwaffen haben. Zusätzlich zu den fünf »legalen« Atommächten sind Indien, Pakistan und Nordkorea zu »illegalen« Atommächten geworden. Israel hat nie erklärt, über Atomwaffen zu verfügen, gilt aber als De-facto-Atommacht. Darüber hinaus hat eine Reihe weiterer Länder gewisse atomare Kapazitäten entwickelt. Da sich die Ausbreitung von Atomwaffen schleichend, aber stetig der Kontrolle entzieht, hat sich die Wahrscheinlichkeit eines »versehentlichen« Atomkriegs erhöht.

Kurs auf geopolitischen Zusammenbruch

Im 20. Jahrhundert war Öl das Herzblut der kapitalistischen Weltwirtschaft. Trotz der Entwicklung erneuerbarer Energien bleibt Erdöl eine unverzichtbare Energieressource. Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Stabilisierung des Nahen Ostens – der weltweit wichtigsten Öl- und Erdgasförderregion – ein wichtiges strategisches Anliegen der USA. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 beschlossen die herrschenden Eliten der USA (vermittelt über die Bush- und Cheney-Administration), sich auf ein strategisches Wagnis einzulassen. Sie wollten einen Großteil des Nahen Ostens durch militärische Macht unmittelbar kontrollieren, bevor eine andere Großmacht die Chance erhielt, es mit den USA aufzunehmen. Dieses Wagnis ist spektakulär gescheitert. Anstatt eine dauerhafte Hegemonie zu sichern, verwandelte die Niederlage der USA im Nahen Osten einen langsamen Niedergang in einen rasanten.

Derzeit befindet sich der Nahe Osten in einer äußerst fragilen Situation. Mehrere Regionalmächte wie Iran, Saudi-Arabien, Israel, Ägypten und die Türkei sind durch Feindseligkeiten oder durch rasch wechselnde taktische Bündnisse miteinander verstrickt. Da der Iran seinem Ziel, eine Atommacht zu werden, immer näher kommt, wächst die Gefahr, dass Israel seine Drohung direkter militärischer Maßnahmen wahrmacht.

Wenn der Rückzug der USA aus dem Nahen Osten einen geopolitischen Zusammenbruch der Region (mit verheerenden Folgen für die globale Energieversorgung und die Weltwirtschaft) wahrscheinlich gemacht hat, so hat der Krieg zwischen Russland und der Ukraine die geopolitische Katastrophe vor die Haustür Europas gebracht.

Ohne die US-Hegemonie verliert das Weltsystem seine Fähigkeit, Probleme auf Systemebene zu lösen.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion haben die USA die Strategie der Nato-Osterweiterung verfolgt. Obwohl die USA und Nato-Funktionäre wiederholt behauptet haben, die Osterweiterung sei nicht gegen Russland gerichtet, besteht aus Sicht der russischen herrschenden Klasse kaum Zweifel daran, dass der Westen letztlich die Absicht verfolgt, Russland zu isolieren, um einer Vorherrschaft der USA in Eurasien den Weg zu ebnen. Unabhängig davon, wie man den derzeitigen Krieg zwischen Russland und der Ukraine moralisch beurteilt: Putin hätte die Entscheidung zu diesem Krieg nicht getroffen, wenn er nicht die dramatische Schwächung der USA durch den katastrophalen Afghanistan-Rückzug erkannt hätte.

Bereits vor dem Russland-Ukraine-Krieg ging es mit dem europäischen Kapitalismus tendenziell bergab. Der Anteil der Europäischen Union an der Weltwirtschaft sank, gemessen am Wechselkurs des Euros, von 25 Prozent im Jahr 2005 auf 18 Prozent im Jahr 2020. Der Wohlstand des europäischen Kapitalismus hängt weitgehend von dessen Fähigkeit ab, Vorteile in bestimmten hochtechnologischen Produktionssektoren aufrechtzuerhalten. Diese Sektoren sind wiederum von der Versorgung mit billiger Energie sowie einem relativ stabilen und friedlichen geopolitischen Umfeld abhängig. Der Ukraine-Krieg hat beidem ein Ende gesetzt.

Wenn die europäische Wirtschaft kollabiert, ist es unwahrscheinlich, dass die europäischen kapitalistischen Länder politisch stabil bleiben. Die Architektur der EU selbst könnte infrage gestellt werden. Europa ist der geografische Ursprung des modernen Weltsystems. Der Niedergang des europäischen Kapitalismus könnte seinen Zusammenbruch einleiten.

Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

In der gegenwärtigen Situation geht die größte Bedrohung für die Zivilisation nicht von der Wirtschaft aus, sondern vom Kollaps der Umwelt. Die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur liegt derzeit etwa 1,1 Grad Celsius höher als in der vorindustriellen Epoche und steigt alle zehn Jahre um weitere 0,2 Grad. Wenn die globale Durchschnittstemperatur auf über zwei Grad Celsius ansteigt, wird es zu spät sein, um größere Katastrophen wie einen Anstieg des Meeresspiegels, der die meisten Küstenstädte der Welt zu überfluten droht, verhindern zu können. Wenn Rückkopplungen zwischen ozeanischen und terrestrischen Ökosystemen ausgelöst werden, könnte der Klimawandel der menschlichen Kontrolle entgleiten. Dann wäre ein Großteil der Erdoberfläche nicht mehr für menschliche Besiedlung geeignet.

Trotz technologischer Fortschritte bleibt es höchst unwahrscheinlich, dass die Welt die Treibhausgasemissionen schnell genug reduzieren kann, es sei denn, die großen Emittenten (wie China und die kapitalistischen Kernländer) verpflichten sich zu einem Null- oder Negativ-Wirtschaftswachstum. In einem Weltsystem, das auf zwischenstaatlicher Konkurrenz beruht, ist es jedoch praktisch ausgeschlossen, dass sich ein Nationalstaat freiwillig Null- oder Negativwachstum auferlegt.

Wird die Menschheit genügend Zeit haben, um sich vor dem drohenden ökologischen Kollaps zu retten, bevor der Kapitalismus die materielle Grundlage der Zivilisation zerstört?

In der Vergangenheit hat der Kapitalismus hegemoniale Zusammenbrüche überlebt, indem er eine neue hegemoniale Macht hervorbrachte, die in der Lage war, »Problemen auf Systemebene« mit »Lösungen auf Systemebene« zu begegnen. Um solche Lösungen anbieten zu können, muss die neue Hegemonialmacht jedoch ausreichend mächtig sein und anderen Großmächten gegebenenfalls ihren Willen aufzwingen. Dies setzt voraus, dass die neue Hegemonialmacht über gewaltige Vorteile gegenüber anderen Großmächten verfügt, einschließlich des vorangegangenen Hegemons.

Bei jedem früheren Hegemonieübergang war die neue Hegemonialmacht in Bezug auf territorialen Umfang, industrielle Ressourcen und militärische Macht um ein Vielfaches größer oder mächtiger als die vorherige. Die USA sind als Kontinentalmacht um ein Vielfaches größer als jeder europäische Nationalstaat. Die Bevölkerung Chinas ist etwa viermal so groß wie die der USA. Dies bedeutet jedoch auch, dass Chinas Pro-Kopf-Ausstattung mit natürlichen Ressourcen und seine Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung nur einen Bruchteil der US-amerikanischen Pro-Kopf-Ausstattung und -Wirtschaftsleistung ausmachen. Obwohl Chinas gesamtwirtschaftliche Leistung die der USA in einigen Jahren überholen wird, wird für die kommenden Jahrzehnte ein Rückgang der chinesischen Bevölkerung prognostiziert. Infolgedessen wird China kaum eine überwältigende wirtschaftliche Überlegenheit gegenüber den USA erreichen, und die sinkende Investitionseffizienz bedeutet, dass Chinas Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung ihren Höhepunkt bei etwa der Hälfte des US-Niveaus erreichen dürfte. Auch Chinas militärische Macht wird in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich hinter der US-amerikanischen zurückbleiben.

Da die Hegemonialmacht USA zusammenbricht, es aber keine neue Hegemonialmacht geben wird, die an deren Stelle tritt, wird das bestehende Weltsystem seine Fähigkeit verlieren, »Probleme auf Systemebene« zu lösen. In dem Maße, in dem ein Weltsystem nicht als kohärentes System zu funktionieren vermag, haben wir den historischen Wendepunkt des Übergangs vom bestehenden System zu etwas anderem erreicht.

Worin dieses andere bestehen wird, ob es egalitärer und demokratischer als das derzeitige System sein oder sich als ausbeuterischer und unterdrückerischer erweisen wird, ob der Übergang erreicht wird, bevor die materiellen Grundlagen der Zivilisation irreparable Schäden erleiden – all das wird von den globalen Klassenkämpfen der nächsten Jahrzehnte abhängen.

Minqi Li

ist Professor der politischen Ökonomie am Department of Economics der University of Utah, USA, und Vertreter der Neuen Linken in China.

Eine längere Fassung des Textes erschien zuerst in der Zeitschrift Luxemburg.

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