Sucht und Arbeit
Aufgeblättert: »Das Schwarz an den Händen meines Vaters« von Lena Schätte
Von Johannes Kühl
In ihrem zweiten Roman »Das Schwarz an den Händen meines Vaters« – nominiert für den Deutschen Buchpreis 2025 – geht Lena Schätte dem Durst der Seele nach und skizziert in scharfen Strichen das Bild einer Arbeiter*innenfamilie unter der Omnipräsenz des Alkohols. Der Alkohol – in Schättes Erzählung die Konstante, wenn sie Vergangenheit und Gegenwart miteinander verwebt – ist für Motte, die Ich-Erzählerin, Alltag: Als Kind, ihren Vater mehr betrunken als nüchtern erlebend, und ebenso jetzt, als erwachsene Frau, wenn sie selbst zu viel trinkt und nicht mehr in ihre Wohnung findet. Der Durst gehört zu ihr – für sie ist der Alkohol Leid und Ausweg zugleich: Denn das Schwarz ist nicht nur an den Händen ihres Vaters, sondern auch in ihm, in ihr, und der Alkohol lässt das Schwarz zumindest zeitweilig verschwimmen. Als ihr Vater dann an Krebs erkrankt und Motte im Schwarz zu ertrinken droht, kämpft sie um Loslösung und Abschied: vom Trauma, vom Alkohol und vom Vater. Schätte schreibt klar von Volltrunkenheit und Schmerz, von Familie, Liebe und Zusammenhalt. Beinahe sezierend analysiert die Autorin, dass Alkoholismus, dass Sucht auch durch Klassenzugehörigkeit und Geschlecht bedingt sind: Arbeiter*innen trinken mehr als Akademiker*innen, Männer mehr als Frauen. Und auch das zwanghafte Wiederholen des Leids, transgenerational, gerade in der Arbeiter*innenklasse, fängt Schätte ein und literarisiert so den Materialismus des Trinkens, die Psychodynamik des Durstes.
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