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Kritik der Energiewende

Aufgeblättert: »Energierevolution jetzt!« von Volker und Cornelia Quaschning

Von Kim Wöller

Es gibt ein bezeichnendes Zitat von Angela Merkel aus den 1990er Jahren: »Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 Prozent unseres Strombedarfs decken.« Jetzt sind es 50 Prozent! Volker und Cornelia Quaschning halten diese krasse Fehlprognose jenen vor Augen, die an dem vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien in Deutschland zweifeln. Ihr Buch geht dabei nicht nur auf den Strom-, sondern auch auf den Wärmesektor ein, der bis zum russischen Überfall auf die Ukraine ein Schattendasein in der Diskussion zur Energiewende fristete.

Ihr Buch hat noch weitere Verdienste. So kritisieren die Autor*innen den derzeitigen Hype um den (grünen) Wasserstoff. Die Herstellung von Wasserstoff durch die Elektrolyse helfe momentan kaum, die Treibhausgase zu senken, da wir damit eher die Laufzeiten von Kohle- und Gaskraftwerke verlängern. Deutlich auch ihre Kritik an Plänen, grünen Strom und/oder Wasserstoff aus Ländern des Globalen Südens zu importieren. Das sei zu teuer und mit hohen Energieverlusten behaftet. Es handele sich um eine »neue Art des Kolonialismus«, Widerstand in den betroffenen Ländern sei vorprogrammiert. Verdienstvoll auch ihr anschaulicher Stil, der persönliche Erfahrungen mit einflechtet. Zu kritisieren ist, dass ihr Fokus die Änderung »unserer Lebensgewohnheiten« ist. Die Produktionsgewohnheiten der Industrie spielen bei ihnen eine zu geringe Rolle – die Zwänge der kapitalistischen Produktionsweise ohnehin nicht.

Volker und Cornelia Quaschning: Energierevolution jetzt! Mobilität, Wohnen, grüner Strom und Wasserstoff: Was führt uns aus der Klimakrise – und was nicht? Hanser, München 2022. 283 Seiten, 20 EUR.