Wachstumskritik
Aufgeblättert: »Wachstum bremsen oder untergehen« von Timothée Parrique
Mit der Übersetzung von Parriques Buch liegt ein neues, umfassendes Einstiegswerk in die Wachstumskritik vor. Die im französischen übliche, blumige Schreibweise macht das Lesen teils etwas holprig, auch bezieht sich das Buch stark auf die französische Debatte. Einsteiger*innen auf dem Feld Degrowth liefert es gleichwohl einen guten Überblick über Kernargumente, Begründungen und die Geschichte des Begriffs.
Diejenigen, die mit den Debatten bereits vertraut sind, finden eine Fülle an Beispielen und Politikvorschlägen – aber auch die Lücken und Widersprüche des Ansatzes. Dass Parrique ausführlich zeigt, wie wenig Aussagekraft das BIP hat, es aber im ganzen Buch selbst nutzt, ist nur einer davon. Dem Fokus auf Wachstum als Hauptproblem des derzeitigen Wirtschaftsmodells ist geschuldet, dass die Argumentation von der Seite des Konsums aufgebaut wird – und zentrale Fragen wie Eigentums- und Produktionsverhältnisse oder die Rolle des Staates nicht oder nur am Rande behandelt werden.
Offen bleibt auch, wer die Ideen für eine andere Gesellschaftsform, die in Teilen beschrieben wird, durchsetzen soll und wie. Denn die Tatsache, dass es durchaus genug Akteure gibt, die vom derzeitigen System profitieren und daher solche Veränderungen auch gegen Widerstand erkämpft werden müssen, fehlt gänzlich. Am interessantesten sind denn auch die Kurzantworten auf prominente Kritikpunkte im letzten Teil des Buches, unter anderem von kapitalismuskritischer Seite. Statt diese auf zwei Seiten abzubügeln, wäre es interessant, genau anhand dieser Kritiken die bestehenden Degrowth-Ansätze weiterzuentwickeln.
Timothée Parrique: Wachstum bremsen oder untergehen. Wie wir mit Degrowth die Welt retten. S. Fischer, Frankfurt a.M 2024. 368 Seiten, 28 EUR.