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AfD-Verbot? Der Einsatz würde sich lohnen

Zur Debatte um eine linke AfD-Verbotskampagne

Von Cornelia Kerth

Ein blaues Spinnennetz mit einem braunen Fleck in der Mitte
Illustration: Melanie Nehls

Eine Welt ohne AfD? Eine wunderbare Vorstellung. Das finden auch 47 Prozent der Bundesbürger*innen, die laut Forsa-Umfrage ein Verbot der AfD begrüßen würden. Tut sich hier ein Fenster auf für ein verbindendes antifaschistisches Projekt mit Schlagkraft? Welche Hürden und Fallstricke gibt es? Wir haben drei Antifaschist*innen nach ihrer Meinung gefragt.

Der Bundesparteitag der AfD in Magdeburg war genau so wie zu erwarten war: Orchestriert vom Faschisten Björn Höcke wurden auf die ersten Listenplätze zur Wahl des Europäischen Parlaments ausschließlich Kandidat*innen aus seinem politischen Umfeld gewählt. Die Reden, mit denen sie sich zur Wahl empfahlen, ließen an rechter Klarheit nichts zu wünschen übrig.

Damit wurde illustriert, was die jüngst veröffentlichte Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte »Warum die AfD verboten werden könnte« ergeben hat, nämlich: »dass die AfD in letzter Konsequenz die umfassende Beseitigung grund- und menschenrechtlicher Bindungen fordert, die sich aus der freiheitlichen demokratischen Grundordnung für den Rechtsstaat ergeben. (…) Höcke, der offen auf eine am Nationalsozialismus orientierte Gewaltherrschaft abzielt, beeinflusst die Ausrichtung der gesamten AfD mittlerweile maßgeblich. Er benötigt dazu keinen Posten auf der Bundesebene, er ist auch so eine führende Stimme in der Partei mit zahlreichen Anhängern bundesweit.«

Wenige Tage nach dem Magdeburger Parteitag hat die AfD ihre Umfragewerte bundesweit um einen Punkt auf 21 Prozent erhöht. Das ist, wie das Deutsche Institut für Menschenrechte es formuliert, ein »Anhaltspunkt von Gewicht, … dass die AfD mit der Verbreitung ihres verfassungswidrigen Gedankenguts und den damit verbundenen Zielen Erfolg haben könnte«. Ein weiterer Anhaltspunkt ist, dass sie schon heute Erfolg hat, indem sich in den letzten zehn Jahren die Grenzen des Sagbaren, die gesellschaftliche Debatte und die Politik deutlich nach rechts verschoben haben. Das unterscheidet sie substanziell von der NPD, die 2017 nicht verboten wurde.

Die VVN-BdA hat zehn Jahre lang für ein Verbot der Nazi-Partei NPD gekämpft, und für uns ist es auch keine Frage, dass die AfD verboten werden muss.

Die VVN-BdA hat zehn Jahre lang – von 2007 bis 2017 – mit der Kampagne nonpd für ein Verbot dieser Nazi-Partei gekämpft, und für uns ist es auch keine Frage, dass die AfD verboten werden muss. Solange es sie gibt, haben wir gegen ihre Verniedlichung als »Professoren-Partei«, »Euro-Kritiker« oder »Rechtspopulisten« gekämpft und wiederholt auf die Verbindung (nicht nur) ihrer Programmatik mit der Ideologie der internationalen Rechten hingewiesen, die weltweit immer wieder Todesopfer fordert. Mit der Kampagne »Aufstehen gegen Rassismus« beteiligen wir uns an der Organisation von Proteste gegen die AfD, wo immer sie sich zeigt.

Die vorliegende Analyse ist hilfreich in der öffentlichen Debatte, die wir führen, um die AfD, ihr Programm und ihre Vertreter*innen politisch zu delegitimieren. Nein, sie ist keine demokratische Partei und dass sie demokratisch gewählt wurde, ist kein Grund, sie nicht als das zu benennen, was sie ist: völkisch-nationalistisch, rassistisch, demokratie- und emanzipationsfeindlich, eine Partei, die täglich gegen Artikel 1 des Grundgesetzes hetzt und als Bühne die Parlamente nutzt, die sie eigentlich abschaffen will. Diese Feststellung kann auch zur Delegitimierung von Beamt*innen beitragen, die schon heute in Schulen, Hochschulen und Gerichten, bei der Polizei und in der Bundeswehr das Programm der AfD zur Grundlage ihrer Arbeit machen.

Die Debatte über eine Kampagne zum Verbot der AfD muss jetzt geführt werden. Dazu gehört allerdings auch, dass eine solche Kampagne enorme Kraft, Ressourcen und einen sehr langen Atem erfordert. Das muss bedacht und erörtert werden. Ich persönlich denke, der Einsatz würde sich lohnen!

Weitere Beiträge:

Ferat Koçak hat kein Vertrauen in ein AfD-Verbot. Johannes Tesfai vermutet, eine Verbotsdiskussion würde die AfD nicht mal diskursiv in die Enge treiben.

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Bild mit stilisierten Spinnenweben, darauf steht: Alte Liebe rostet nicht
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