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Sehen, wie es ist

Haben wir es beim RAF-Prozess gegen Daniela Klette mit einer Reinszenierung des Stammheimer Verfahrens zu tun?

Von Stephanie Bart

Kunstwerk "Stammheim" von Olaf Metzel: Ein übergroßer Trauerkranz aus grünem Stahl lehnt an einer Betonwand, auf die das Wirt "Stammheim" gesprüht ist. Neben dem Kranz steht ein Mensch.
Kunstwerk »Stammheim« des Künstlers Olaf Metzel in Stuttgart. Foto: Kamahele / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Bei einer der ersten Sitzungen in der Verdener Reithalle saß – als ich sie betreten und die Sicherheitskontrolle durchlaufen hatte – in der Mitte des ansonsten leeren Pressebereichs ein weißhaariger Mann von lässiger Eleganz, der ostentativ auf einem hier vollkommen verbotenen Smartphone herumfingerte. Wow! Wie er das durch die Kontrolle gekriegt habe, fragte ich ihn, indem ich anerkennend nickte. Er sah auf, riss ruckartig die Brauen hoch und blitzte mit den Augen: »Ich bin von der Verwaltung!« Das ist ein Regelverstoß, dachte ich, er muss im Publikumsbereich sitzen, weil er kein Journalist und der Pressebereich nur für Journalist*innen ist – ich hatte das Einhalten von gängelnden, sinnlosen Regeln, wozu man hier unablässig genötigt wird, gut internalisiert und fragte daher etwas gereizt: »Warum sind Sie hier?! Was machen Sie hier?!« Nun erklärte er, dass er selbst diesen Reithallen-Wahnsinn verbrochen hatte und jetzt sein Werk besichtigen wollte. »Ah, Evaluation«, sagte ich. »Nein!!!«, rief er aus, dass es zum Erbarmen war mit der unverstandnen Künstlerseele, und präsentierte mit weit ausholender, allumfassender Bewegung beider Arme das Panorama des Ganzen: »Sehen, wie es ist!« Das wollen wir gerne tun. Dabei versteht sich, dass mit dem Verdener Verfahren immer das Verdener Verfahren bis jetzt gemeint ist.

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