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Die Staatenkarte

Einige westliche Länder wollen Palästina anerkennen – warum?

Von Pajam Masoumi und Johannes Tesfai

Foto von einer Demonstrantin, die ein Plakat hält mit der Aufschrift "Existenzrecht für Palästina"
Ob die Lösung politischer Konflikte in weiteren Staatsgründungen besteht? Montecruz Fotos , CC by 4.0

Mit der scheinbaren Unlösbarkeit des Nahostkonfliktes hatte man sich auf dem diplomatischen Parkett bis vor zwei Jahren abgefunden. Es gab schließlich (schlechte) regionale Arrangements: Die Palästinensische Autonomiebehörde verwaltet begrenzt das Westjordanland, die Hamas Gaza, Israel hält als Besatzungsmacht aber weiterhin das Heft in der Hand.

Mit immer neuen Siedlungen im Westjordanland und der seit dem Abzug der IDF 2006 einsetzenden Isolation Gazas schuf Israel Fakten auf dem Weg in Richtung einer einseitigen Einstaatenlösung. Diese spiegelte sich auch in der diplomatischen Anerkennungspolitik wider. Während fast alle Staaten der Erde Palästina schon lange anerkannt haben, sind es vor allem die sogenannten westlichen Staaten, die dies bis heute nicht getan haben.

Der menschengemachte Hunger in Gaza durch die andauernde Blockade des israelischen Militärs und die Bombardierung der Städte dort, die nur noch Trümmer zurücklässt, bewegt einige westlichen Staaten nun allerdings zum Umdenken. Als Wendepunkt wird häufig der im März von Israel gebrochene Waffenstillstand genannt. Zu diesem Zeitpunkt war ein Geiseldeal auf dem Tisch und ein Ende des Krieges möglich.

Frankreich plant jetzt, eine Anerkennung im September nachzuholen. Das Vereinigte Königreich will folgen, allerdings mit der Einschränkung, dass die britische Diplomatie diesen Schritt erst gehen wird, wenn Israel keine substanzielle Verbesserung der humanitären Lage in Gaza zulässt. Gleichzeitig waren es die westlichen Staaten selbst, die mit der ausbleibenden Anerkennung den Palästinenser*innen in fast alt-kolonialer Manier signalisierten, dass sie sich ihre Staatlichkeit entwicklungspolitisch erst verdienen müssten.

Die de facto Einstaatenlösung ging stets mit dem Argument von israelischer Seite einher, dass es keinen Gesprächspartner auf palästinensischer Seite gebe. In Zeiten, in denen die israelische Regierung offen über Vertreibungspläne spricht und eine Einstaatenlösung mit militärischen Mitteln durchsetzen will, ist inzwischen aber auch »den westlichen Partnern« klar geworden, dass diese Regierung nicht das Gespräch sucht.

Die Anerkennung Palästinas soll den Druck auf Israel erhöhen. Sanktionen gegen Israel werden indes auf europäischer Ebene unter anderem von Deutschland und Italien blockiert. Mit der Ankündigung des israelischen Finanzministers, Bezael Smotrich, ein seit Jahrzehnten gestopptes Siedlungsprojekt zu genehmigen und damit Ostjerusalem von der Westbank zu trennen, rückt eine Lösung des Konflikts in immer weitere Ferne. Die diplomatische Anerkennung Palästinas ist keine Belohnung für die Hamas, sondern der zaghafte Versuch westlicher Staaten, den Krieg in Gaza einzuhegen.

Pajam Masoumi

ist in der Online-Redaktion bei ak.

Johannes Tesfai

ist Redakteur bei ak.