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|ak 717 | Lesen |Rezensionen: aufgeblättert

Theodor Herzl

Aufgeblättert: »Theodor Herzl« von Shay Charka

Von Bernd Hüttner

Im Jahr 1860 wird in Budapest ein Kind geboren. Seine jüdischen Eltern geben ihm den Namen Theodor und fügen einen hebräischen Namen hinzu: Benjamin Seev. Als Theodor 18 Jahre alt ist, zieht seine Familie nach Wien. Shay Charka folgt in seiner Graphic Novel über den Begründer des politischen Zionismus Herzls Leben von seinen Jahren als neugieriges und ehrgeiziges Kind hin zu einem kreativen und nachdenklichen Studenten, der sich sehr für die deutsche und weniger für die jüdische Kultur interessiert. Sein Drang und das ständige Ringen mit sich selbst, um zu schreiben, wird eindrücklich geschildert. Bereits 1896 erscheint sein wichtigstes Buch »Der Judenstaat«, 1897 findet in Basel der erste Weltkongress der zionistischen Bewegung, die vor allem in Osteuropa stark ist, statt. Herzl wird zu ihrem Präsidenten gewählt.

Charka zeigt Herzl als einen Mann mit Geist und unermüdlicher, ja fast manischer Tatkraft; einen Träumer, der immer wieder auf den Boden der Tatsachen geholt wird und sein Vorgehen neu ausrichtet. Er zeichnet ihn als einen Juden und Weltbürger, der ein historisches, moralisches und politisches Bewusstsein entwickelt. Dieses führt ihn, zusammen mit vielen anderen, auf den holprigen Weg der Vision eines zu gründenden jüdischen Staates: Der Zionismus entsteht als die Antwort auf antisemitische Verfolgung und Gewalt. Herzls Leben wird, das dürfte am Format der Graphic Novel liegen, aber weit widerspruchsfreier dargestellt, als es etwa in »Theodor Herzl: Staatsmann ohne Staat« von Derek Penslar (Göttingen 2022) nachzulesen ist.

Shay Charka: Theodor Herzl. Bahoe Books, Wien 2025. 80 Seiten, 24 EUR.