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Migrant*innen, Streiks und Proteste

Aufgeblättert: »Etappen, Konflikte und Anerkennungskämpfe der Migration« herausgegeben von Nihat Öztürk

Von Bernd Hüttner

Diese Publikation entstand im Kontext einer Ausstellung, die unter dem Buchtitel im Spätsommer 2022 in Düsseldorf zu sehen war. Der 50-seitige Textbeitrag von Nihat Öztürk, dem Herausgeber und ehemaligen Ersten Bevollmächtigten und Geschäftsführer der IG Metall Düsseldorf-Neuss, arbeitet in kompakter Form heraus, wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte in den verschiedenen Phasen der (Arbeits-)Migration behandelt und welche Bilder gezielt über sie vermittelt wurden. Öztürk zeigt ebenso, wie lange es dauerte, bis der mentale Nachhall des deutschen Faschismus gebrochen werden konnte, wie stark der Rassismus der Mehrheitsgesellschaft war – und immer noch ist. Das Buch zeigt aber vor allem in den 20 auf je drei bis vier Buchseiten dokumentierten Tafeln der Ausstellung die (Selbst-)Organisation und die Kämpfe von Migrantinnen. Streiks und Proteste sind zwar der Motor von Verbesserungen, das Buch vermeidet aber eine Erfolgsgeschichtsschreibung oder eine der »gelungenen Integration«. Gleichzeitig erzählt Öztürk keine dichotomische Geschichte von »Migration hier und Gewerkschaften da«, sondern zeigt Konflikte ebenso wie Bündnisse und Gemeinsamkeiten. Die Leserinnen bekommen gerade durch den bebilderten »Ausstellungsteil« einen schnellen, anschaulichen und deswegen guten Überblick über diesen Aspekt der westdeutschen Nachkriegsgeschichte. Ein Aspekt, der hierzulande immer noch nicht Teil der kollektiven Erinnerung ist.

Nihat Öztürk (Hg.): Etappen, Konflikte und Anerkennungskämpfe der Migration. Die Buchmacherei, Berlin 2022. 158 Seiten, 22 EUR.