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Die Pille für den Mann

Von Gamergate bis Alt-Right: Woher die Vorliebe von Neurechten für den Film »Matrix« kommt und wieso frustrierte Männer eine Einstiegsszene für rechtes Denken sind

Von Eve Massacre

Hat die rote Pille eingeworfen, durchschaut seitdem die Matrix und verfügt über enorme Kräfte – als Verkörperung des Auserwählten Neo (Keanu Reeves) fühlen sich auch männertümelnde »Redpiller«, die zum Aufstand gegen die »Femokratie« rufen. Foto: Warner Bros. Pictures

Es gibt seit vielen Jahren eine internationale Männerrechtsbewegung, die ein Bild von Feminismus zeichnet, das diesen einfach mit Männerhass gleichsetzt. Aus dieser Beschreibung leitet die Szene die Notwendigkeit ab, für Männerrechte einzutreten. Was die Bewegung von klassischen Antifeministen unterscheidet, ist dass sie nicht mehr von der Überlegenheit des männlichen Geschlechts ausgeht, sondern Männer als Opfer einer vermeintlichen Femokratie, also einer Herrschaft von Feministinnen, darstellt. Ein Treffpunkt der Szene ist der vom Väternetzwerk veranstaltete Männerrechtler-Genderkongress, der im Mai dieses Jahr unter dem Titel »Gender Reloaded« in Nürnberg stattfand.

Dort wurde unter anderem ein Film namens »The Red Pill« gezeigt. »Gender Reloaded« und »The Red Pill« – beide Begriffe beziehen sich auf den Film »Matrix«. »Matrix Reloaded« ist der zweite Teil der Filmtrilogie; die rote Pille schluckt die Hauptfigur Neo im ersten Teil, um die Wahrheit über die Matrix zu erfahren, die das Leben alle Menschen umgibt, sich aus ihr zu lösen und in der Realität zu erwachen. Das »Redpilling« gehört in der Manosphere, also in der Männerechtlerszene, zum geläufigen Slang – ebenso wie in der neurechten Szene.

Ein Podcast der Identitären Bewegung aus dem Jahr 2016 zeigt exemplarisch, wie diese Argumentation aussieht. Die Macher dieses Podcasts zitieren jede Menge kultureller Klassiker, zum Beispiel George Orwells Dystopie »1984« über einen Staat, der seine Bürger_innen total überwacht. Sie vergleichen gendergerechte Sprache mit Orwells Neusprech. Platos Höhlengleichnis taucht auf, ebenso der Disneyklassiker »Susi und Strolch«, und zwar mit einer Szene, in der Siamkatzen die Wohnung verwüsten und die Schuld danach auf den Hund Susi schieben – ein Bild dafür, wie Geflüchtete angeblich Deutschland kaputt machen und die Wahrheit von der Lügenpresse so verdreht werde, dass niemand die echten Schuldigen identifiziert. Stattdessen sollen immer die armen Rechten die Bösen sein. Kurz: Es findet sich darin viel Typisches aus dem Weltbild vieler Männerrechtler und Neurechter.

Auch der Begriff »Kulturmarxismus« darf nicht fehlen. Übernommen haben die Identitären ihn von der US-amerikanischen neuen Rechten. Demnach sei mit den Emigranten der Frankfurter Schule (wie Theodor Adorno und Max Horkheimer) in den 1930er Jahren ein politischer Mainstream in den USA entstanden – der »Kulturmarxismus« eben –, mit dem angeblich ein Kulturkrieg gegen den weißen christlichen Mann geführt werde. Und schließlich verweist der Podcast auf ein weiteres zentrales Ereignis für die Entwicklung der Männerrechtsbewegung und auch der neuen Rechten: Gamergate.

Gamergate, die »Mutter« des rechten Shitstorms

Was ist Gamergate? Die kürzeste Fassung: Die Bloggerin und Journalistin Anita Sarkeesian übte vor einigen Jahren Sexismuskritik an eindimensionalen Frauenfiguren in Computerspielen. Zahllose Gamer versuchten, mit einem Gegenvorwurf von der Kritik abzulenken: Es gehe nicht um Sexismus in der Gamingszene, sondern um die Ethik des Gaming-Journalismus, der von Beziehungsgeflechten und Interessenkonflikten durchzogen sei. Memes mit endlosen Variationen des Satzes »It’s about ethics in games journalism« waren eine zeitlang im Internet die ironisch-traurige Standardantwort auf alles.

Weniger lustig war es, dass Armeen von Trollen über alle Spieleblogs und anderen öffentlichen Äußerungen herfielen, die sich der Sexismuskritik anschlossen. Neben Anita Sarkeesian erhielten auch die Spieleentwicklerinnen Zoe Quinn und Brianna Wu so viele Morddrohungen, dass sie untertauchen mussten. Diese Männer wollten die Gamingszene als Männerdomäne erhalten. Sarkeesian musste schließlich sogar einen Vortrag an der Utah State University wegen einer Massakerdrohung absagen. Seit 2013 schwoll die Gamergate-Welle an, ihren Höhepunkt erreichte sie 2015.

Viele der Techniken, um Leute zu belästigen und fertigzumachen, wurden im Gamergate entwickelt. Inzwischen gehören sie zum Standard-Onlinerepertoire der neuen Rechten.

Viele der Techniken, um Leute zu belästigen und fertigzumachen, wurden im Gamergate auf diversen antifeministischen Foren entwickelt. Inzwischen gehören sie, wie auch das Verabreden zu konzertierten Attacken im Internet, zum Standard-Onlinerepertoire der neuen Rechten.

Das Zentrum der Gamergate-Bewegung war ein Forum auf dem Webportal Reddit namens The Red Pill. Ende April 2017 enthüllte das Onlinemagazin The Daily Beast, dass der Gründer ein gewisser Robert Fisher war, ein republikanischer Abgeordneter aus New Hampshire. Inzwischen hat Fisher seine Urheberschaft zugegeben. Da einige wirklich üble frauenfeindliche Kommentare und Vergewaltigungsrechtfertigungen auf dem Forum von ihm stammen, gab es eine Untersuchug, ob Maßnahmen gegen ihn eingeleitet werden sollten. Dies wurde nach hitzigen Anhörungen abgelehnt, aber inzwischen ist Fisher dank des öffentlichen Drucks als Abgeordneter zurückgetreten.

Die Opfer mit der roten Pille

Auf Messageboards, vor allem auf The Red Pill, spitzte sich Gamergate weiter zu. Bald ging es, wie der Journalist und Blogbetreiber David Futrelle sagt, nicht mehr um das Recht, in Videospielen Titten anzustarren, sondern der Skandal entwickelte sich zu einem Kampf gegen den »white genocide«, der angeblichen Ausrottung des weißen Mannes, den »Kulturmarxisten« eigentlich im Sinn hätten. Nachdem Reddit nach langer Tatenlosigkeit irgendwann gegen Hasspostings vorging, zogen viele Teilnehmer vom Red Pill Forum weiter zum extremeren 4chan – und, als die Postings selbst 4chan zu brutal sexistisch wurden, von dort zum noch extremeren 8chan Forum.

Eines der Kernmedien, die diese gamenden Männerrechtler anheizten, war Breitbart News, mit Steve Bannon an der Spitze und Milo Yiannoppoulos als einer zentralen Stimme. Milo Yiannoppoulos, ein eher feminin auftretender junger Schwuler, wurde mit Botschaften wie »Feminismus ist schlimmer als Krebs« bekannt. Er wurde im Laufe des Jahres 2016 zu einem der bekanntesten Lautsprecher der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung, bis er im Frühjahr 2017 nach einem Skandal um seine Aussagen zu Sex mit Minderjährigen bei Breitbart kündigen musste.

Trotz ihres enormen gesellschaftlichen Einflusses und trotz aller Plattformen, über die ihre antifeministischen Botschaften verbreitet werden, schafft es die Bewegung von Männerrechtlern und neuen Rechten, sich stets als Opfer darzustellen: als angebliche Opfer eines Establishment, das heterosexuelle weiße Männer unterdrückt. Die neue Rechte in Europa hat diese Strategie übernommen. Foren wie Reddit, 4chan und 8chan werden international genutzt, und auch hierzulande besteht die Manosphere aus solchen mal mehr, mal weniger öffentlichen Foren, Blogs, Websites und Facebookgruppen.

Das »Game« und seine Regeln

Unsichere junge Männer, die Probleme haben, einem normierten Männerbild zu entsprechen oder die einfach keine Freundin abbekommen, wenden sich hilfesuchend an Männerrechtsforen oder an Pick Up Artists (1) wie www.returnofkings.com. Hier gibt es Beiträge wie »11 Tips, wie du deine Tochter auf die Rote-Pille-Art erziehst«, die Männern empfehlen, ihren Töchtern von klein auf beizubringen, dass das Wichtigste, was sie tun können, das Kinderkriegen ist. Den Lesern wird geraten, ihre Töchter zu bestrafen, wenn sie sich nicht feminin genug geben, ihre Selbstachtung zu torpedieren, ihnen beizubringen, dass sie jetzt zwar schön seien, diese Schönheit aber schnell verblassen werde und sie sich deshalb früh einen Mann suchen müssen. Männer sollen in Anwesenheit ihrer Töchter die Bedienungen in Restaurants anbaggern, sie mit Tiernamen ansprechen, ein bisschen herumkommandieren. Kurz: ihnen zeigen, was das »Game« ist.

Diese Idee taucht auch im Red Pill Forum immer wieder auf und bildet einen Fixpunkt des dort verhandelten Weltbildes: Beziehungen zwischen Männern und Frauen werden als Game, als Spiel erklärt. Und zwar im Sinne von Gaming: Es gibt klare Vorstellungen von Hierarchien – und Punkte für bestimmtes Verhalten.

Das Schlimme am Feminismus ist für diese Männer wohl, dass er Frauen die Möglichkeit gibt, Männern Sex zu verwehren. In Männerrechtsforen wird entsetzliche Pseudowissenschaft betrieben, um ein darwinsches »Überleben des Stärkeren« auf dem Sexmarkt als »wahres« Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu behaupten und zu untermauern. Wer die rote Pille nimmt, die Pille der Erkenntnis, erkennt diese »Wahrheit«: Alpha- und Betamänner werden nach ihrem Männlichkeitswert klassifiziert. Der Begriff SMV steht für den sexuellen Marktwert, und der lässt sich durch Fitness und Mode, soziale Attribute wie Körpersprache und durch Status und »Game« steigern. Und: Das Game hat Regeln, zum Beispiel, dass es nicht immer nein heißt, wenn eine Frau nein sagt, und dass Frauen es in Wahrheit nicht mögen, wenn du nett zu ihnen bist, sondern lieber Kerle haben, die sie wie Dreck behandeln. Denn das läge – egal was sie sagen – nun mal in ihrer Natur. (2)

Die britische Journalistin Abi Wilkinson, die sich aus Forschungsgründen lange auf dem Red Pill Forum umgesehen hat, sagt, dass sich dort Männer aus den verschiedensten Ecken finden, von videospielenden Teenagern, denen es an sozialer Kompetenz mangelt, über verbitterte geschiedene Männer bis hin zu jungen Männern von Elite-Unis, die der Meinung sind, dass Frauen ihnen nicht so viel Respekt und Zuneigung entgegenbringen wie sie es verdienen. Und: Die Szene ist eine auffallend weiße Angelegenheit.

Online-Radikalisierung in der Männerszene

Wenn über Gründe für das Erstarken der neuen Rechten nachgedacht wird, wird gern über die Zusammenhänge von ökonomischem Status und rechter rassistischer Ideologien geredet. Online-Radikalisierung und Antifeminismus wird dagegen als Ursache für das Erstarken des Neofaschismus kaum ernstgenommen. It hits too close home, wie es so schön heißt.

Aber Online-Radikalisierung betrifft nun mal nicht nur Muslime. Die Manosphere hat Attentäter wie Elliot Rodger hervorgebracht. Der 22-jährige Elliot Rodger hatte im Jahr 2014 nahe dem Campus der University of California, Santa Barbara, sechs Menschen ermordet und 14 verletzt, bevor er sich selbst tötete. Rodger hinterließ ein 140seitiges Manifest, in dem er unter anderem einen »Krieg gegen Frauen« erklärte, als Rache dafür, dass Frauen nicht mit ihm schlafen wollten (der 22-Jährige hatte noch nie mit einer Frau geschlafen). In seiner perfekten Welt, schrieb Rodger, würden alle Frauen in Konzentrationslager gesteckt. Das Manifest und ein Abschiedsvideo Rodgers kursierten nach dem Attentat breit im Netz.

Rodger ist kein Einzelfall: Ebenfalls 2014 erstach der 18-jährige Ben Moynihan in Portsmouth drei Frauen. Er begründetet seine Tat damit, dass er noch nie Sex gehabt hätte, obwohl er doch so erzogen worden sei, dass sie der schwächere Teil der menschlichen Rasse seien. Schon 2009 tötete George Sodini in Pittsburgh drei Frauen und sich selbst. Sein erklärtes Motiv: Er hätte 29 Jahre lang keinen Sex gehabt.

Die Manosphere pflegt ein Weltbild, nach dem Sex etwas sei, das Männern automatisch zustünde, wenn sie bestimmte Spielzüge korrekt absolvieren. Frauen, die ihnen trotzdem Sex verwehren, sind undankbare Feminazis.

In den Kreisen der Manosphere werden Vergewaltigungen schöngeredet und der Mythos gepflegt, dass Männer die größten Opfer von Vergewaltigungen seien, weil Männer ständig von Frauen mit haltlosen Vergewaltigungsanschuldigungen überzogen würden. Viele dort sind der Ansicht, dass es in der sogenannten westlichen Gesellschaft keine Rape Culture gäbe, sondern nur in islamischen Gegenden.

Die Manosphere pflegt also ein Weltbild, nach dem Sex etwas sei, das Männern automatisch zustünde, wenn sie bestimmte Spielzüge korrekt absolvieren. Frauen, die ihnen trotzdem Sex verwehren, sind undankbare Feminazis. Es wird ein Bild toxischer Männlichkeit errichtet, ein letztlich auch für Männer schädliches Männlichkeitsideal. Diese Manosphere schürt die Selbstwertprobleme unsicherer Jungen und Männer durch ihre höchst hierarchischen und von Konkurrenz geprägten Vorstellungen noch. Es geht um Macht und deren Kehrseite: ein Versager zu sein.

Diese Szene ist, wie Abi Wilkinson beobachtet hat, ein Nährboden für Neofaschisten. Sie finden dort wütende, frustrierte, junge weiße Männer und ziehen sie nach ihrem Vorbild heran. Wilkinson schreibt, dass sie bei einigen Forenmitgliedern, deren Postings sie über lange Zeiträume gelesen hatte, eine Entwicklung von vager Unzufriedenheit und dem Verlangen nach sozialem Status und sexuellem Erfolg zu einer geschlossenen Ideologie von weißer Vorherrschaft und Frauenhass feststellen konnte. Wer nicht weiß ist und/oder eine Frau und es zu etwas gebracht hat, muss dabei irgendwie getricktst haben – so die Denke der unzufriedenen Meritokraten. Was ein echter Redpiller ist, der ist eben auch ein sogenannter »racial realist«.

Nährboden für Neurechte

Reddits Red Pill mit seinen über 200.000 Mitgliedern ist nur ein Anlaufpunkt für die Männerrechtsszene. Die Manosphere ist groß, international und mit der neurechten Szene verwoben. Immer wieder findet sich auf diesen Foren auch das Motiv, dass Vätern bei Scheidungen meist Unrecht widerfahre, das auch im Zentrum von Veranstaltungen wie dem Genderkongress steht. Sprachliche Bilder wie das »Red Pilling« und das Zeigen des antifeministischen Pseudo-Dokufilms »The Red Pill« verweisen ebenfalls auf die maskulinistischen Wurzeln von Veranstaltungen wie dem Genderkongress.

Diese Szene versteckt sich bewusst hinter emanzipatorischen Worthülsen (»Chancengleichheit für Männer und Frauen in allen Lebensbereichen«), beim letzten Genderkongress in Nürnberg vor zwei Jahren hat das den Medien gegenüber noch erschreckend gut funktioniert. Nicht nur Lokalzeitungen, auch die Süddeutsche Zeitung berichteten neutral bis wohlwollend. Dieses Jahr schauten ein paar Journalist_innen etwas genauer hin und lieferten auch einige bitter nötige kritische Hinweise. (3)

Schon die Liste der Verbände, die auf der Website des Genderkongresses aufgezählt werden, macht klar, dass es hier nicht um Gleichberechtigung geht, wie der Veranstalter, das Väternetzwerk, behauptet. Auch der Begriff »Gender« findet sich lediglich im Titel der Veranstaltung – ein Versuch, sich emanzipatorisches Vokabular anzueignen und es inhaltlich zu entleeren. Auf der Namensliste der Gruppen, auf deren Arbeit der Genderkongress inhaltlich basiert, taucht das Wort »Frau« nur einmal auf, und zwar bei der Gruppe »Women against Feminism«. Dem stehen 32 Vereine mit »Mann« oder »Männer« im Namen gegenüber; es sind einige dabei, die auch gerne Mal auf rechte Seiten wie die der Jungen Freiheit verlinken.

Ungefähr 25 der Verbände führen »Väter« im Namen. Das große Thema der Väterrechtler ist die Behauptung, dass es eine systematische Ungerechtigkeit gegen Väter gäbe, und Kinder nach Trennungen viel häufiger den Müttern zugesprochen würden. Das hat nicht viel mit der Realität zu tun, wie ein Blick auf die Statistiken zeigt. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2013 blieb bei fast allen Scheidungen, bei denen gemeinsame minderjährige Kinder betroffen waren, (genauer gesagt: in 96 Prozent der Fälle) das Sorgerecht bei beiden Elternteilen. Es ist nicht abzustreiten, dass auch Vätern mal Unrecht getan wird, aber es ist bei Weitem die Minderheit der Fälle und nicht, wie das Väternetzwerk behauptet, gängige Praxis.

Für den Aufstieg der neuen Rechten ist Antifeminismus ein wichtiger Treibstoff. Sexismus – wozu auch ein Männerbild gehört, in dem ein Mann jede Frau »kriegen« muss, die er will – und Enttäuschung nach einer Abweisung durch eine Frau sind ein gefährliches Gemisch, das die Manosphere begierig aufgreift; eine Szene vorwiegend weißer Männer, die es gewohnt sind (oder waren), dass die Welt durch ihre Brille gesehen wird. Wenn weibliche, queere, behinderte, multiethnische Perspektiven in Mainstreammedien ein kleinwenig präsenter werden, fühlt es sich offenbar für manche an, als werde die eigene Scholle kleiner, als werde man nicht mehr so ernstgenommen, als werde man in der gewohnten Umgebung plötzlich selbst zum »Anderen«. Und voilà: Schon erscheint die Opferrhetorik der Männerrechtler gefährlich nachvollziehbar.

Eve Massacre

Eve Massacre betreibt den Blog breakingthewaves.de. Sie beschäftigt sich mit der Kultur der Digitalität und Webtheorie, gesellschaftlichem Wandel durch Social Media und Plattformkapitalismus, mit Queerfeminismus und Popkultur.

Anmerkungen:
1) Anhänger der sogenannten Pick-Up-Szene verfolgen mehrstufige Pläne zum Manipulieren und »Aufreißen« von Frauen. Auf Seminaren lehren selbsternannte Aufreißexperten ein Paket von Techniken, mit denen Männer den Willen von Frauen zu brechen und sie innerhalb möglichst kurzer Zeit ins Bett zu kriegen versuchen, plus die dazugehörigen frauenverachtenden Ideen. Männer in immer mehr Ländern legen für sexistische Wochenendseminare der Pick-Up-Szene mehrere Hundert Euro hin, das Geschäft blüht.
2) Ein Auswuchs dieser Idee ist die MGTOW-Bewegung (»Men Going Their Own Way«). MGTOW sind heterosexuelle Männer, die Frauen so sehr hassen, dass sie jegliche romantische oder sexuelle Beziehung zu ihnen ablehnen. Deswegen wird auch zwischen »incel« und »volcel« unterschieden: unfreiwilligem und freiwilligem Zölibat.
3) So gab es dieses Jahr einen kritischen Bericht von Claudine Stauber auf www.nordbayern.de.