Bärbel Bas schürt Rassismus und Armenhass
Die neue SPD-Arbeitsministerin nährt mit ihrem Gerede von »mafiösen Strukturen« beim Bürgergeldbezug nichts als Ressentiments – echte Probleme überausgebeuteter EU-Arbeiter*innen bekämpft sie so nicht
Von BASTA!

2020 wohnte eine Familie aus Rumänien im Oldenburger Land. Frau und Mann arbeiteten als Produktionshelfer*innen bei diversen Schlachthöfen. Die Verträge der Leiharbeitsfirmen waren immer befristet mit sechsmonatiger Probezeit. Die Corona-Pandemie verdeutlichte die extreme Arbeitsüberlastung und zeigte den fehlenden Arbeitsschutz in der Fleischindustrie. Der Mann erhielt daraufhin mehrfach Aufhebungsverträge, da sich – als Reaktion auf die sichtbar gewordenen Missstände – ein Verbot von Werkverträgen in den Schlachthöfen anbahnte, das schließlich mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz Anfang 2021 in Kraft trat. Die Familie mit zwei Kindern musste mit Verlust der Arbeit ihre Unterkunft verlassen.
Über informelle Netzwerke erlangte der Mann eine Anstellung bei einer Reinigungsfirma, so kam die Familie nach Berlin. Zuerst schliefen sie in einem Auto, dann in einer Notunterkunft. Da der Lohn nicht ausreichte, wandte sich die Familie an das Jobcenter Lichtenberg. Dieses unterstellte ihnen »Einwanderung in das Sozialsystem«; EU-Bürger*innen mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche sind für einen Zeitraum von fünf Jahren von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ausgeschlossen, wenn sie nicht in gewissem Umfang arbeiten. Das Jobcenter aber unterstellte, dass es die Reinigungsfirma nicht gebe – und verweigerte die Leistung.
Das bedeutet auch: keine Unterbringung in einer längerfristigen Unterkunft. Stattdessen schickte das Jobcenter einen Prüfdienst zum Sitz der Reinigungsfirma und schrieb in den Prüfbericht, dass die Besitzerin dort wohne, aber ein Firmenschild fehle. Erst nach einem Eilbeschluss des Sozialgerichts Berlin kam es zur Aufstockung des geringen Lohnes mit Hartz IV. Vier Jahre später sieht das Jobcenter Lichtenberg immer noch keine Möglichkeit, seine Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Es gilt als besonders antiziganistisch und restriktiv. Auf ein abschließendes Urteil wartet die Familie noch heute.
Für arbeitslose Arbeiter*innen oder Arbeiter*innen aus Ost- und Südosteuropa, die auf dem Bau, in Schlachthöfen, als Reinigungskräfte oder Paketbot*innen schuften, scheint sich Bas nicht engagieren zu wollen.
Von Bärbel Bas, der neuen Person an der Spitze des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), hat die Familie, ebenso wie andere Menschen in einer ähnlichen Lage, wohl nichts zu erwarten. Bas gehört zum linken Flügel der SPD. Als Sozialdemokratin und Gewerkschafterin setzt sie sich für die Belange der Arbeitenden ein und engagiert sich für den Erhalt von Tarifverträgen. Für arbeitslose Arbeiter*innen oder Arbeiter*innen wie jenen Abertausenden aus Ost- und Südosteuropa, die auf dem Bau, in Schlachthöfen, als Reinigungskräfte oder Paketbot*innen für Subunternehmen von Onlineriesen schuften, scheint sie sich dagegen nicht engagieren zu wollen. Statt beispielsweise zu erklären, wie sie Migrant*innen dabei unterstützen will, ihnen vorenthaltene Löhne zu erhalten, kündigte Bas – mit antiziganistischem Unterton – an, »mafiöse Strukturen« beim Bürgergeldbezug zerschlagen zu wollen. Was das Jobcenter Lichtenberg in dem beschriebenen Fall der Familie unterstellte, um ihr die Aufstockung zu verweigern, verbreitete die neue Arbeits- und Sozialministerin hier munter, um weitere Restriktionen beim Bürgergeldbezug zu rechtfertigen. Dabei gäbe es tatsächlich »mafiöse Strukturen«, die es zu zerschlagen gälte: Berliner Baustellen zum Beispiel sind berühmt dafür, ihre (oft osteuropäischen) Arbeiter extrem auszubeuten. Opfer der Baumafia besser vor kriminellen Unternehmen zu schützen, kann Bärbel Bas aber kaum im Sinn haben, wenn – wie derzeit – zugleich eine »Entlastung von Berichtspflichten« der Firmen verhandelt wird.
Bis Ende 2026 soll es keine Anpassung an die Lebenshaltungskosten für Hartz-IV-Beziehende geben. Kürzungen und Verschärfungen der Sanktionen, dass Arbeitsverträge auf Minijobbasis demnächst nicht mehr ausreichen, um Bürgergeld zu bekommen – das alles ist vorstellbar. Und klar ist bereits die Verlängerung der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bundesagentur für Arbeit (11/2024). Man will gemeinsam Jugendliche für den Beruf des Soldaten aktivieren. Unserer Einschätzung nach sollte es als Lehre aus der Geschichte weder Militär noch Rüstungsindustrie in der Bundesrepublik geben.
Politiker*innen wie Bärbel Bas, Sahra Wagenknecht, Carsten Linnemann und Alice Weidel zeigen und fördern eine brutale Gleichgültigkeit gegenüber der Verelendung und Armut von Migrant*innen. Auch bei der Verächtlichmachung der Armen gehen die bürgerliche Parteien Hand in Hand mit der AfD, nicht nur beim Thema Migration. Insbesondere Personen aus Rumänien und Bulgarien, als Rom*nja und Sinti*zze gelesene Personen, wird dabei oft kriminelle Energie unterstellt. Die neue Arbeitsministerin bietet mit ihrem Vorstoß nichts als ressentimentgeladene Einschätzungen für den tatsächlichen Verdrängungswettbewerb um Arbeitsplätze.