»Omis sind niedlich, und niedlich sind wir nicht«
Die Omas gegen Rechts sind aus der antifaschistischen Bewegung nicht mehr wegzudenken – woher kommen sie, und was machen die Opas?
Von Carina Book

Alt sein heißt nicht still sein. Das zeigen die Omas gegen Rechts – eine wachsende Bewegung, die sich mit Haltung, Humor und Hartnäckigkeit gegen die extreme Rechte stellt. Was 2017 in Österreich als Reaktion auf die Regierungsbeteiligung der rechten FPÖ entstand, schwappte (genau wie der Rechtsruck) auch nach Deutschland über. Anders als in Österreich sind die Omas gegen Rechts in Deutschland locker organisiert, ganz bewusst kein Verein – Bürokratie ist nicht ihre Stärke, Aktivismus dafür umso mehr. Hinter dem Namen steckt keine Altersgrenze und kein exklusiver Frauenclub. Wer sich mit älteren Frauen wohlfühlt und ihre politische Linie teilt, ist willkommen. Auch Opas sind mit dabei – sie unterstützen als Teil des erweiterten Netzwerks. Doch die Koordination und Organisation bleiben in Oma-Hand. »Wir geben den Ton an«, sagt Ilona Franke-Drittner, von den Omas gegen Rechts in Hamburg.
Warum der Fokus auf das Alter? Die Antwort: Lebenserfahrung. Viele der Aktiven haben bereits in den 1960er und 1970er Jahren protestiert – gegen Atomkraft, für Frieden und Frauenrechte. Manche kommen aus Familien, die selbst von Flucht und Ausgrenzung betroffen waren, andere sind Nachkriegskinder und erinnern sich noch lebhaft daran, wie der Nationalsozialismus in deutschen Wohnzimmern totgeschwiegen wurde. Jetzt sagen sie: nie wieder!
Viele haben bereits in den 1960ern und 1970ern protestiert.
Was sie eint, ist das »Minimalziel«, wie es Franke-Drittner ausdrückt: Sie wollen verhindern, dass der Rechtsextremismus weiter erstarkt. Und das fühle sich manchmal wie ein Kampf gegen Windmühlen an. Dass die Union im Frühjahr dieses Jahres mit ihren 551 Fragen an die Bundesregierung auch die Omas gegen Rechts ins Visier nahm, nehmen die allerdings sportlich. »Diese Anfragen kennen wir eigentlich nur von der AfD, und jetzt meint Herr Merz, er müsste uns in die Schranken weisen«, sagt Franke-Drittner. »Was soll ich sagen? Wenn es einfach wäre, bräuchte es uns ja gar nicht«.
Neben Infoständen auf Stadtteilfesten, Menschenketten und Flashmobs sind die Omas auch auf TikTok präsent. Eine Selbstverständlichkeit für sie, schließlich wolle man auch mit der jungen Generation im Gespräch sein, so Franke-Drittner. Und im Generationendialog darf auch gerappt werden: »Omas gegen Rechts im Lande – wir erinnern uns noch gut – an die braune Nazibande – deshalb sind wir auf der Hut!« Das Video hat 1,5 Millionen Views auf TikTok. Trotz mancher Hasskommentare bleiben die Omas dort präsent.
In der Regel seien die jungen Leute ihnen sehr gewogen, anders als manch*e Gleichaltrige*r, besonders in Stadtteilen, in denen die AfD-Wähler*innenschaft groß ist. Dort gehörten auch Anfeindungen dazu. Bei einer Aktion musste die Polizei gerufen werden, weil eine rechte Streamerin gezielt Gegner*innen der Omas mobilisierte. Selbstverteidigungstrainings sind inzwischen ein Thema – nicht aus Angst, sondern aus Pragmatismus.
Die Gruppen treffen sich einmal im Monat – zum Austausch, zur Planung, zum »Klönschnack«. Zwischen 25 und 50 Menschen kommen jeweils zusammen, viele von ihnen zwischen 65 und 80 Jahre alt. Nichts macht sie so sauer wie die AfD, aber es gibt noch etwas, was die Omas gegen Rechts überhaupt nicht abkönnen: »Wenn wir Omis genannt werden, denn Omis sind niedlich, und niedlich sind wir nicht«, sagt Ilona Franke-Drittner. Und wer schon einmal eine kämpferische Rede einer Oma gegen Rechts gehört hat – zum Beispiel bei der Menschenkette in Hamburg, an der sich 22.000 Menschen beteiligten – weiß, dass das stimmt.