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|ak 662 | Alltag |Kolumne: Geh bitte!

Geh bitte! Jan Feddersen

Von Bilke Schnibbe

Jan Fedder und Jan Feddersen heißen ähnlich. Foto: JCS / Wikipedia, CC BY-SA 3.0

In dieser ak-Produktionswoche habe ich gelernt, dass Namenswitze in der Zeitungswelt verschrien sind. Das macht man nicht, hieß es aus informierten Redaktionskreisen. Naja. Damit wären wir schon beim Thema: Dinge, die man eigentlich nicht macht. Zum Beispiel Wikipedia-Artikel über sich selbst verfassen, queere Aktivist*innen als »Queergida« bezeichnen oder Veranstaltungen zum Thema Transgeschlechtlichkeit mit dem Titel »Die Transkrake« ankündigen. Mindestens zwei dieser drei Sachen hat Jan Feddersen, taz-Redakteur »für besondere Aufgaben« und (Achtung, mysteriös:) »liberaler Kommunist«, in den letzten Jahren abgeliefert. Zeit, über einen Abgang nachzudenken.

Man muss den Knaller auch mal zünden, scheint sich der Feddersen zu denken. Allein im Juli diesen Jahres wusste er wieder spannendes zu seinem Hassthema »Queerness« zu berichten. Irgendwas mit, die jungen queeren Leute haben keinen Respekt mehr für die alten schwulen Herren. Früher, da wurde noch vernünftig rumgeschwult, davon verstehen die ganzen verwöhnten Neuzeit-Transen mit ihrer wetterfühligen Geschlechtsidentität aber gar nichts mehr. Entweder Leute wollen mit Männern oder mit Frauen bumsen und das heißt sie sind entweder homo oder hetero, Männer oder Frauen. Hat er mal bei Freud gelesen.

Queer sein, das ist für Feddersen der Heteromann, der sich die Fingernägel lackiert. Unpolitisch, oberflächlich. Eine Performance, die junge Leute sich anziehen würden, wie einen Schlüpfer mit Eingriff, anstatt wie er damals, ihre Pubertät noch gehobenen Hauptes mit all ihren Irrungen und Wirrungen zu durchleben. Seit einigen Jahren wollen nun aber viele Mädchen nicht mehr vernünftige Lesbierinnen oder Ehefrauen werden, sondern behaupten stattdessen transgeschlechtlich zu sein. Nicht, wie die bodenständigen Transfrauen und -männer der alten Schule, nein, stattdessen seien nun eine besorgniserregende Anzahl junger Menschen »nicht-binär«, lassen sich die Brüste amputieren und mit Testosteron vollpumpen. Armeen halbtransitionierter Irrer ziehen durch die Landen, so der Hobby-Sexologe.

Man fragt sich: Hört der sich eigentlich mal selber zu? Es tut schon weh, Feddersen dabei beizuwohnen, wie er in bester Früher-war-alles-besser-Manier auf »den jungen Leuten« rumhackt und dabei munter Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung durcheinanderwirft. Immer auf der Suche nach irgendeinem Argument für sein Gefühl, dass er als schwuler Mann Opfer dieser neuen Zeit ist, weil es nur noch um queere Menschen gehen würde. Damals hingen noch nicht alle immer nur an ihren Handys, früher wurden den Omas in der Bahn noch Sitzplätze angeboten und generell wird alles immer, immer, immer schlechter. Und sagen darf man auch nichts mehr. Den Rentnersprech hat Feddersen für sich abonniert. Allein es fehlt die Einsicht, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, dass auch mal jüngere Leute das Ruder übernehmen.

»Redakteur für besondere Aufgaben« heißt bei der taz, dass man mal ordentlich über das eigene mangelnde Verständnis für »die jungen Leute« abjammern darf. Die Verbitterung und der Neid auf die Jugend sind kaum zu übersehen. Aus allen Poren dringt ihm der Verrat, um auch mal Onkel Sigismund zu zitieren. Ich sage: Schluss mit dem neoliberalen Arbeitszwang, Jan Feddersen seinen wohlverdienten Ruhestand jetzt!