analyse & kritik

Zeitung für linke Debatte & Praxis

|ak 667 | Alltag |Kolumne: Geh bitte!

Geh bitte! Die PARTEI

Von Bilke Schnibbe

Sonneborn, wie er einen Witz darüber macht, dass er wie Superman ist. Foto: own work/wikimedia, CC BY-SA 4.0

Dass ich irgendwann in dieser Kolumne auf Martin Sonneborn und der PARTEI rumhacken würde, habe ich schon kommen sehen. Bisher habe ich mich allerdings davor gedrückt, weil ich schon schnarche, wenn ich nur daran denke, was ich dazu schreiben könnte. Jeder ernsthaft feministischen oder anti-rassistischen Person ist schnell klar, dass der Typ und seine »Satirepartei« am laufenden Band Witze machen, die gesellschaftliche Hierarchien reproduzieren und sie dann mit »Aber SATIRE« und »Ich erkläre keine Witze, waaah!« verteidigen. Die PARTEI macht Witze auf Kosten von Minderheiten und nennt das dann »Humor gegen das Establishment«. Ihre Fans sind dementsprechend unangenehm. Guckt, da stehen sie, die drei langweiligsten Sätze, die ich je geschrieben habe. Hoffentlich wird mir zur Strafe diese Kolumne weggenommen.

Die PARTEI, das ist ein Haufen junggebliebener Männer, die sich so richtig rebellisch fühlen, wenn sie im C&A-Anzug vor Plakaten mit halb nackten Frauen stehend Wahlkampf machen. Das Einzige, wofür ein PARTEI-Mitgliedsausweis gut ist, ist, dass andere daran erkennen können, dass ihr Gegenüber vermutlich richtig belastende Meinungen zu so Dingen wie Frauenquote und Blackfacing hat. Lauft, ihr Narren, lauft! Wenigstens dürfen PARTEI-Mitglieder nicht auch noch in Die Linke eintreten. Das ist vermutlich das einzig Lobenswerte an diesem Verein: Er versammelt einen Haufen sendungsbewusster, hobbyjugendlicher Männer und beschäftigt sie mit irgendwas, was sich politisch anfühlt, aber eigentlich egal ist. Aber nicht wegen ihrer Irrelevanz hat die PARTEI nun eines ihrer prominentesten Mitglieder verloren: Nico Semsrott, Europaabgeordneter, hat Mitte Januar seine Parteimitgliedschaft gekündigt. Auslöser für seinen Rückzug war ein erneuter rassistischer »Witz« von Martin Sonneborn, dem Vorsitzenden, für den dieser, wie es so seine Art ist, keine Verantwortung übernehmen wollte. Gratulation an dieser Stelle an Nico Semsrott.

Man hätte wohlgemerkt auch eher merken können, dass die PARTEI eigentlich verloren ist. 2017 rief der Vorstand zur Bundestagswahl den »Sexwahlkampf« aus, um die sexistischen Wahlkampfmethoden anderer Parteien zu karikieren. Was ist dabei rausgekommen? Na ja, was eben dabei rauskommt, wenn eine Gruppe mit Männerüberschuss »Sexwahlkampf« macht: haufenweise lustig gemeinte Tittenplakate und haufenweise ekelhafte Neumitglieder. Im März 2020 wandten sich einige PARTEI-Mitglieder in einem Brief an Sonneborn und beklagten sexuelle Übergriffe und sexistische Sprüche in der PARTEI. Im Zuge dessen traten zwei Personen aus dem Vorstand zurück, da nach ihrer Ansicht Maßnahmen gegen Sexismus und sexuelle Gewalt in der PARTEI verschleppt werden würden. So richtig was passiert ist seitdem natürlich trotzdem nicht, weil (sorry, jetzt wird es wieder langweilig) die PARTEI genauso sexistisch ist wie die, über die sie sich mit Tausenden Tittenplakaten landauf, landab lustig machen will.

Mir ist egal, ob die Witze der PARTEI »witzig« sind oder nicht. Wisst ihr, zu schreiben, dass Martin Sonneborn, ach eigentlich alle männlichen PARTEI-Mitglieder, zum Steineklopfen ins Gulag gehören, würde sicherlich auch Leute zum Lachen bringen. Trotzdem ist der Witz ein bisschen daneben. Mir ist auch egal, wenn sich Menschen, die eigentlich absolut mehrheitsfähige Arschlochmeinungen vertreten, in die Hosen scheißen, weil Leute darauf hinweisen, dass ihre Witze nicht so geil sind. Es ist einfach Zeitverschwendung, mit irgendeinem Tobias darüber zu streiten, dass Kritik keine Zensur ist. Stattdessen sollte mal diskutiert werden, ob wir unbedingt noch einen Männerbund brauchen, der weder auf interne Sexismus- und Gewaltvorwürfe noch auf Kritik an rassistischen »Witzen« einigermaßen selbstkritisch reagieren kann. Solche Parteien haben wir schon. Nur, dass die größtenteils nicht so tun, als wären sie Teil der Kritik an den herrschenden Verhältnissen. Ich sage: Massenaustritt JETZT!

Bilke Schnibbe

war bis Oktober 2023 Redakteur*in bei ak.